Judith Beier und Larissa Nowak erhalten Wolfgang-Strutz-Promotionspreis 2022
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung fördert zwei herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen
Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung hat den diesjährigen Wolfgang-Strutz-Promotionspreis an Dr. Judith Beier und Dr. Larissa Nowak verliehen. Alle zwei Jahre vergibt Senckenberg den Preis für herausragende Dissertationen aus den Bereichen der Biologie, Paläontologie oder Geologie. Larissa Nowak wird für ihre Arbeit zum Einfluss des Klimawandels auf die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und fruchtfressenden Vögeln geehrt, Judith Beier für ihre Untersuchung zu Schädelverletzungen bei Menschen der Steinzeit.
Wie lassen sich präzisere Vorhersagen zur Entwicklung der Biodiversität angesichts des rasch voranschreitenden Klimawandels treffen, um so Entscheidungsgrundlagen für Politik und Naturschutz zu schaffen? Waren die Neandertaler tatsächlich grober und gewalttätiger als andere Steinzeitmenschen, wie lange angenommen? Diesen Fragen sind Dr. Judith Beier und Dr. Larissa Nowak in ihren Dissertationen nachgegangen, für die sie nun den mit 10.000 Euro dotierten Wolfgang-Strutz-Promotionspreis der Senckenberg Gesellschaft erhalten haben.
Larissa Nowak, Postdoc am Mediterranean Institute for Advanced Studies in Esporles, Spanien, untersuchte in ihrer Arbeit biotische Wechselbeziehungen zwischen 392 Fruchtpflanzenarten und 245 Arten fruchtfressender Vögel entlang eines tropischen Höhengradienten. Die von ihr entwickelten merkmalsbasierten Methoden und Modelle – Nowak analysierte dazu auch 800 Vogelbälge in wissenschaftlichen Sammlungen u.a. des Senckenberg Forschungsinstituts Frankfurt – können sehr generell eingesetzt werden, um den Einfluss des Klimawandels auf biotische Wechselbeziehungen zu untersuchen. So lassen sich Vorhersagen der Biodiversität präzisieren, um dann geeignete Naturschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Judith Beier, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie, Abteilung Paläoanthropologie der Universität Tübingen, befasste sich in ihrer Doktorarbeit mit Schädelverletzungen bei Menschen der Steinzeit. Ihre Untersuchungen fossiler Schädelreste von Neandertalern und steinzeitlichen modernen Menschen ergaben: Beide erlitten ähnlich häufig Schädeltraumata, signifikante Unterschiede waren nicht festzustellen. Entgegen dem hergebrachten Bild führten Neandertaler offenbar im Vergleich zum frühen modernen Menschen kein besonders gefährliches und gewalttätiges Leben oder besaßen risikoreichere Jagdtechniken. Das frühere Image des Neandertalers als grobschlächtigem oder gar gewalttätigem Steinzeitmenschen kann damit weiter revidiert werden.
Prof. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, betonte im Rahmen der Preisverleihung: „Die Herausforderungen der Gegenwart machen immer wieder deutlich, dass die Biodiversitäts- und Klimakrise für uns letztlich eine Frage des Überlebens ist. Wir benötigen daher – mehr als je zuvor – hervorragend ausgebildete Biodiversitätsforscher*innen, die mit modernsten Methoden arbeiten, aber auch solide Kenntnisse der Organismenvielfalt und Erfahrung mit der Arbeit an wissenschaftlichen Sammlungen besitzen. Wir freuen uns sehr, mit Judith Beier und Larissa Nowak zwei herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen fördern zu können.“
Senckenberg kooperiert mit verschiedenen Universitäten und beteiligt sich an der Doktorand*innenausbildung. Im Fokus stehen dabei besonders die organismische Komponente und die Bedeutung der wissenschaftlichen Sammlungen. Der Promotionspreis zu Ehren des langjährigen Präsidenten (1999-2008) der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Prof. h.c. Wolfgang Strutz, wird in der Regel alle zwei Jahre vergeben.