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FloraWeb: Botanik vor der Haustür
Botaniker*innen aus Halle und Görlitz modernisieren Deutschlands zentrale Pflanzen-Datenbank
Das Online-Datenportal FloraWeb stellt zahlreiche Informationen zu wildwachsenden Pflanzenarten in Deutschland bereit. Doch die Website ist etwas in die Jahre gekommen. Das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und Botaniker*innen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) legen gemeinsam mit dem Bundesamt für Naturschutz das Informationsportal nun neu auf. Es wird modernisiert und aktualisiert sowie durch weitere Datenbanken und einen digitalen Bestimmungsschlüssel, der das genaue Erkennen der Pflanzen erleichtern soll, ergänzt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit fördert das Projekt über drei Jahre mit rund 410.000 Euro.
Botanik ist in Zeiten der Corona-Pandemie wieder ein beliebtes Hobby geworden. Handy-Apps zum Bestimmen von Pflanzen verzeichnen gestiegene Zugriffszahlen. Durch Fotos der Pflanzen können viele Arten damit recht genau bestimmt werden. Damit das funktioniert, greifen die Apps unter anderem auf Daten des Informationsportals FloraWeb des Bundesamts für Naturschutz (BfN) zurück. Dort werden zentral Bilder sowie zahlreiche Informationen zu Verbreitung, Gefährdung und Ökologie von allen wildwachsenden Pflanzen Deutschlands für Forschung, Lehre, Naturschutz und interessierte Bürger*innen bereitgestellt.
Als die Website vor rund zwanzig Jahren aufgesetzt wurde, war das BfN damit sehr fortschrittlich. Heute besteht Modernisierungsbedarf. „Außerdem entwickelt sich der Florenbestand an Arten ständig weiter“, so Dr. Erik Welk vom Institut für Biologie der MLU. Zusammen mit Botaniker*innen vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz, mit denen er auch die bekannte Rothmaler-Exkursionsflora herausgibt, will er die Seite nun aktualisieren. Damit verbunden ist auch eine konzeptionelle Neuausrichtung. Die Forscher*innen wollen zahlreiche Datenbanken einbinden, die bisher nicht zentral verfügbar sind. So können Besuchende der Seite künftig zusätzlich auf eingescannte Herbarbögen oder in Deutschland ermittelte Chromosomenzahlen der jeweiligen Pflanzen zurückgreifen. „Zu Gute kommen uns hier auch die großen Herbarien Senckenbergs – allein die Gefäßpflanzensammlungen in Görlitz und Frankfurt umfassen mehr als eine Million Belege“, erklärt PD Dr. Christiane Ritz, Sektionsleiterin am Museum in Görlitz. „Darüber hinaus werden wir für den Aufbau des virtuellen Herbariums auch mit anderen großen Herbarien Deutschlands zusammenarbeiten“, ergänzt ihr Kollege Prof. Dr. Karsten Wesche, Abteilungsleiter Botanik bei Senckenberg in Görlitz.
Die Seite soll also wesentlich mehr Informationen bereithalten als eine für Laien gedachte Bestimmungs-App. „FloraWeb soll botanischen Fachleuten – das können ausdrücklich auch Hobbybotaniker sein – gute und verifizierte Daten liefern“, so Welk. In die Seite wird außerdem ein Bestimmungsschlüssel integriert. In der Regel arbeiten Botaniker*innen mit dicken Büchern, die nacheinander verschiedene Pflanzenmerkmale abfragen und so Stück für Stück Pflanzengruppen ausschließen, bis sie zur richtigen Art gelangen. „Das ist eine Art Fragenkatalog, den der Nutzer beantworten muss“, so Welk. Der Umgang damit ist jedoch nicht einfach, da etwa Blatt- und Blütenformen mit zahlreichen botanischen Fachbegriffen beschrieben werden. Die digitale Variante soll auf dem bereits existierenden Portal „Flora-de“ des Hobbybotanikers Thomas Meyer aufbauen. In diesem Foto-Bestimmungsschlüssel werden die abgefragten Merkmale und botanische Fachbegriffe direkt bildlich dargestellt, um die Benutzung zu erleichtern.
„Man lernt die Pflanzenarten so auf genauere Art und Weise kennen“, sagt Welk. Bestimmungs-Apps könnten über Bilderkennungsverfahren und Abgleich mit Verbreitungsdaten zudem nur einen Teil der Pflanzenarten identifizieren. „Die richtig interessanten Fälle der Flora in Deutschland sind aber die, die man nicht direkt mit einem Foto erkennen kann“, so Welk. Dazu gehören auch vermeintlich bekannte Pflanzen wie Brombeeren und Löwenzahn, die nur von Spezialist*innen eindeutig bestimmt werden können – zu ihnen gehören europaweit mehrere hundert Arten und es werden auch regelmäßig neue entdeckt und beschrieben.